11. September 2017

Die Digitalisierung der Immobilienwelt fängt gerade erst richtig an

11. September 2017

Online-Portale, PropTech, Smart Homes – über die Digitalisierung der Immobilienbranche wird schon lange und viel geredet. Doch wer glaubt, mit einer neuen Datenbank für die Mieterverwaltung und einer schicken, responsiven Webseite sei alles Nötige getan, der liegt falsch. Ohne Investitionen in die Zukunft werden auch Immobilienunternehmen schnell abgehängt sein. Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern genauso um Zeit und Energie. Um Schritt zu halten, müssen digitale Trends und Innovationen kontinuierlich verfolgt und nachvollzogen werden – auch und gerade, wenn sie auf den ersten Blick nicht unmittelbar etwas mit der eigenen Kernkompetenz zu tun haben.

 

Ein aktuelles Beispiel ist die Blockchain-Technologie. Was für Bitcoins entwickelt wurde, kann auch das Immobilien-Assetmanagement umkrempeln. Von der bislang erfolgreichsten digitalen Währung hat inzwischen vermutlich jeder gehört; spätestens, als sie im Mai 2017 erstmals die 2.000-Dollar-Marke knackte. Über ihre Eignung als Zahlungsmittel wird intensiv diskutiert. Doch die Datenbanktechnologie, auf der sie basiert, ist tatsächlich revolutionär. Denn mithilfe der Blockchain lassen sich große Datenmengen dezentral, automatisiert und manipulationssicher erfassen.

 

Nutzen lässt sich dies für die Abrechnung von Dienstleistungen und Verbrauchsgütern: Jedes Mal, wenn ein Kunde eine Leistung in Anspruch nimmt, entsteht ein neuer Block in der Kette. Leistungsumfang, Nutzungsdauer und alle anderen Daten, die erfasst werden, sind darin gespeichert. Mit Blick auf Immobilien ermöglicht das ganz neue Geschäftsmodelle. Statt einer klassischen pauschalen Abrechnung von Mieten und Nebenkosten kann zum Beispiel die tatsächliche Nutzung von Gebäuden, Ressourcen und Dienstleistungen in Rechnung gestellt werden. Das sogenannte Internet der Dinge (Internet of Things, IoT), erlaubt die präzise Erfassung der relevanten Informationen. Sensoren an Ein- und Ausgängen erkennen, wann der Nutzer das Gebäude betritt oder verlässt – und lösen jeweils einen neuen Datenbank-Block aus. Selbstverständlich geht das auch mit einzelnen Räumen wie zum Beispiel Besprechungszimmern, die nicht täglich benötigt werden.

 

Nebenkosten wie Strom und Wasser können ebenfalls direkt bei der Nutzung erfasst und abgerechnet werden. Da all diese Vorgänge in der Blockchain zuverlässig und fälschungssicher gespeichert sind, können diese Daten für eine einfache minutengenaue Abrechnung verwendet werden. Das spart allen Beteiligten Aufwand bei der Rechnungstellung, der Bezahlung und sogar der Steuererklärung.

 

Die Nebenkosten werden bei diesem Modell direkt mit dem Anbieter abgerechnet. Jede Nutzung führt zu einem Block zugunsten des jeweiligen Versorgers. Der Asset Manager muss sich nicht mehr dazwischenschalten, den Verbrauch protokollieren und an Wasserwerke, Stromanbieter und andere Dienstleister weitergeben, denn alle Seiten können auf dieselbe Blockchain zugreifen – das ist der Vorteil einer dezentralen Datenbank. Der Datenschutz, sonst ein großes Problem bei einer solchen Bündelung von Informationen, bleibt dabei gewährleistet. Das Verzeichnis ist zwar für alle beteiligten Anbieter zugänglich. Die einzelnen Datensätze sind jedoch anonym und nur insoweit miteinander verknüpft, wie das für die einzelnen Anwendungen nötig ist. So erfahren beispielsweise die Stadtwerke, dass sie das Konto eines bestimmten Mieters mit der Summe X für von ihm verbrauchtes Wasser belasten können – nicht jedoch, wie sein Stromverbrauch aussieht oder wann er im Büro war.

 

Allgemeine Nutzungstrends werden jedoch sichtbar – was ein großer Vorteil für Dienstleister, vor allem aber für Asset Manager und Immobilieneigentümer ist. Sie erhalten einen Überblick über die Nutzung ihres Gebäudes: Wann ist die Nachfrage besonders hoch? Welche Dienstleistungen werden zu welchen Zeiten und mit welcher Frequenz in Anspruch genommen? Wo und wann kommt es zu vorübergehendem Leerstand? Mit solchen Informationen können sie ihr Angebot laufend optimieren, Kosten senken und die Nutzungsdichte ihrer Flächen effizient erhöhen.

 

Selbstverständlich können noch nicht alle Aktivitäten rund um die Immobilie in die Blockchain verlagert werden. Insbesondere regulatorische Hindernisse sowie eine gewisse Zurückhaltung vieler Nutzer gegenüber neuen Technologien bremsen die flächendeckende Einführung. Pilotprojekte und erste Startups mit entsprechenden Geschäftsmodellen weisen jedoch schon heute den Weg. Auch werden inzwischen IoT-Sensoren in Immobilien eingesetzt, etwa in Kombination mit einem Online-Buchungssystem für die Zugangssteuerung.

 

Die große Vernetzung in einer dezentralen Blockchain für ein ganzes Gebäude steht allerdings noch aus. Doch sie wird kommen und der Digitalisierung unserer Branche einen enormen Schub verschaffen. Wenn erst die Infrastruktur, also die nötigen Sensoren, Server- und Rechenkapazitäten sowie selbstverständlich das entsprechende Knowhow in den Unternehmen, aufgebaut und Akzeptanz bei Mietern und Investoren geschaffen ist, wird eine vollautomatische, minutengenaue Abrechnung irgendwann so selbstverständlich sein wie heute der flächendeckende Mobilfunk.

 

Mit freundlicher Empfehlung

Daniel Seifert-Ziehe,
Leiter Digitale Transformation der BEOS AG

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