2. November 2011

Immobilien-Spezialfonds - Quo vadis?

02. November 2011

Viele Marktteilnehmer haben ein rasantes Wachstum im Segment der Immobilien-Spezialfonds erwartet. Die kürzlich veröffentlichten Marktzahlen über das Jahr 2010 sind jedoch Anlass für eine deutliche Ernüchterung. Das Nettomittelaufkommen der Spezialfonds betrug nur noch 1,7 Mrd. Euro, verglichen mit 5,6 Mrd. Euro im Jahr davor. Seit dem Jahr 2005 hat es nur ein einziges Jahr (nämlich 2007) mit einem noch geringeren Nettomittelaufkommen gegeben.

 

Auf der anderen Seite wurden im Jahr 2010 vier neue Immobilien-Spezialfonds-Gesellschaften gegründet und im Jahr 2011 waren es schon wieder zwei. Darüber hinaus sind weitere Neugründungen von Kapitalanlagegesellschaften geplant, die im Bereich der Immobilien-Spezialfonds tätig werden wollen. Zum Vergleich: Bei den Wertpapier-Spezialfonds gab es überhaupt keine Neugründungen.

 

Die Marktteilnehmer, die neue Kapitalanlagegesellschaften gründen oder im Rahmen von sogenannten Master-KAGs Spezialfonds auflegen, wurden durch die Vorhersage angelockt, dass institutionelle Investoren ihre Immobilienquote deutlich erhöhen wollen und dabei insbesondere auf indirekte Immobilienanlagen setzen. Dies ist – wie auch die aktuellen Zahlen belegen – jedoch keineswegs in dem erwarteten Umfang eingetreten.

 

Viele Marktteilnehmer haben die Frage nach der richtigen strategischen Positionierung ihrer Produkte nicht gestellt bzw. keine befriedigende Antwort darauf gefunden. Mit „me-too-Produkten“ ist es ganz offensichtlich nicht möglich, sich in einem Markt zu behaupten, der von einem steigenden Angebot an Spezialfonds und einer geringeren Nachfrage geprägt ist. Es genügt heute eben nicht mehr, darauf zu verweisen, dass man ein diversifiziertes Portfolio von Büro- oder Einzelhandelsimmobilien aufbauen wolle. Erstens trauen sich dies viele institutionelle Investoren selbst zu. Sie brauchen dafür nicht unbedingt indirekte Vehikel, zumindest dann nicht, wenn die Immobilieninvestments in Deutschland oder im europäischen Ausland vorgenommen werden sollen. Sie investieren dann eher direkt als indirekt. Zweitens gibt es schon zu viele andere Anbieter, die eben genau solche Produkte im Koffer haben.

 

Gefragt ist vielmehr eine Spezial-Expertise in einem Segment, in dem sich eben nicht schon viele andere tummeln. Ein Beispiel dafür ist der Bereich der gemischt-genutzten Unternehmensimmobilien, der in Deutschland – im Vergleich zu anderen Ländern – als Investment stark unterentwickelt ist. Zudem genügt es auch nicht, einfach nur Immobilien anzukaufen und dann zu verwalten. Dies können die institutionellen Investoren in der Regel selbst genauso gut. Vielmehr muss mit den Immobilien gearbeitet werden. Nur durch eine Wertschöpfung, die durch eine konzentrierte Arbeit an der Immobilie selbst gekennzeichnet ist, kann sich ein Anbieter vom Wettbewerb unterscheiden und einen Mehrwert für institutionelle Investoren generieren. Denn die Investoren vertrauen lieber fokussierten Immobilienunternehmen ihr Kapital an als breit aufgestellten Kapitalsammelstellen, die nicht die gewünschte Nähe zum Markt und Objekt mitbringen. Einem Spezialisten wird mehr zugetraut als einem Unternehmen, das in den unterschiedlichsten Investmentthemen aktiv ist, ohne jeweils spezifische Track-Records dafür vorweisen zu können.

 

Wer nicht über entsprechende Differenzierungsmerkmale verfügt, wird es schwer haben in einem Umfeld, in dem sich immer mehr Wettbewerber tummeln. Inzwischen gibt es bereits 31 Anbieter von Immobilienspezialfonds. Ihre Zahl ist in den letzten zehn Jahren rasant gewachsen. Hinzu kommen zahlreiche weitere Anbieter, die nicht Spezialfonds nach dem deutschen Investmentgesetz anbieten, sondern Luxemburger Vehikel, so etwa FCPs oder SICAVs. Diese werden in der Statistik des BVI nicht mit erfasst, doch stellen sie eine Konkurrenz zu den Immobilien-Spezialfonds dar.

 

Viele Marktteilnehmer unterliegen zudem der Fehlannahme, im institutionellen Geschäft brauche man sich, anders als im Geschäft mit Publikumsfonds, um Markenbildung, Differenzierung und professionelle Kommunikation nicht zu kümmern. Wenn die Frage der richtigen Marktpositionierung und die Herausarbeitung von Alleinstellungsmerkmalen unterschätzt wird, ist jedoch im institutionellen Geschäft ein Erfolg ebenso wenig möglich wie im Bereich von Publikumsfonds.

 

Mit freundlicher Empfehlung
Dr. Stephan Bone-Winkel

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