13. März 2017

Überlebenskünstler Immobilie

13. März 2017

Sie ergreift eine Branche nach der anderen, verändert nicht nur Produkte und Dienstleistungen grundsätzlich, sondern auch die Art, wie wir leben und arbeiten. Die Rede ist von Disruption und den neuen Technologien, aus denen sie sich speist.

 

Zugegeben, der Begriff ist nicht neu. Faktisch gibt es das Phänomen des technologischen Umbruchs sogar deutlich länger, als uns die aktuelle mediale Häufung des Terminus glauben macht. Schon Schumpeter sprach Anfang des 20. Jahrhunderts von der schöpferischen Zerstörung. Mit jeder industriellen Revolution wurden alte Strukturen und Verfahren durch neue Methoden abgelöst. Schauplatz dieser Veränderungen waren ein ums andere Mal Immobilien. Nun werden sie erneut zum Spiegel neuer technologischer und gesellschaftlicher Gegebenheiten.

 

Die gute Nachricht vorab: Immobilien selbst sind nur schwer disruptierbar, sie überleben Nutzungen und erfüllen – entsprechendes Management vorausgesetzt – neue Verwendungszwecke. Ihre Langlebigkeit liegt unter anderem in hohen Transaktionskosten, ihrer Standortbindung sowie in fragmentierten und teilweise stark regulierten Märkten begründet. Die schlechte Nachricht allerdings: Die Nutzer von Immobilien verändern sich – und das potenziell mehrmals im Lebenszyklus einer Immobilie. In den USA ist seit dem Jahr 2000 die Hälfte der seinerzeit gelisteten Fortune-500-Unternehmen aus dieser Übersicht verschwunden. Eine Studie der John M. Olin School of Business an der Washington University kommt zu dem Ergebnis, dass bis 2025 40 Prozent der heutigen Fortune-500-Unternehmen nicht mehr existieren werden. Der Hauptgrund: Digitalisierung.

 

Immobilien sind von disruptiven Entwicklungen betroffen, weil diese vollkommen neue Unternehmens- und Beschäftigungsstrukturen und damit veränderte Anforderungen an die Immobilien mit sich bringen. Einer Analyse des Unternehmensberaters McKinsey zufolge werden in den kommenden Jahren 60 Prozent der 800 untersuchten Jobprofile zu mehr als 30 Prozent automatisierbar sein. Bei 2.000 Tätigkeitsprofilen erweisen sich 45 Prozent der Aktivitäten als automatisierbar.

 

Wo Digitalisierung und Automatisierung greifen, verändert sich der Flächenbedarf der Unternehmen. In der Regel sinkt er. Das allein auf einen Abbau von Jobs infolge weitreichender Automatisierung zurückzuführen, ist jedoch zu kurz gedacht. Denn selbst wenn die Anzahl der Beschäftigten in einem Unternehmen stabil bleibt, verändern sich die Anforderungen – meist sowohl den Umfang der Flächen als auch vor allem deren Gestaltung betreffend. Die Liste der Faktoren, die das künftige Immobiliengeschäft beeinflussen, ist lang und es kommen permanent neue Trends hinzu.

 

Schon heute sollten sich Investoren, Eigentümer und Vermieter mit einem runden dutzend Aspekten befassen: Neben Co-Working- und Co-Producing-Konzepten und der Sharing Economy sind dies Robotik, Augmented und Virtual Reality, Künstliche Intelligenz, 3D-Druck und Industrie 4.0, die Blockchain-Technologie und Big Data. Enormen Einfluss auf die Flächen üben auch der E-Commerce, die Möglichkeiten des autonomen Fahrens sowie neue Gebäudetechnologien und Innovationen rund um Smart Cities aus. Die mit disruptiven Ansätzen verbundenen Ziele wie eine erhöhte Prozessgeschwindigkeit und Skalierung, Standardisierung, Kostenersparnisse und Reduktion von Komplexität wirken sich neben dem Flächenbedarf auch auf die Branchenstruktur und Prozesse innerhalb der Immobilien aus. Und diese werden maßgeblich vom Nutzer bestimmt. Doch was erwartet er in fünf bis zehn Jahren von seinen Flächen?

 

Gefragt werden lebendige urbane Standorte sein, die eine weitreichende Vernetzung und den Zugang zu Talenten ermöglichen. Die Möglichkeit, Co-Working- und Co-Producing-Konzepte umzusetzen, wird ebenso zu einem Nutzungskriterium wie Kostensenkungen in Kombination mit einer hochgradig flexiblen Flächennutzung und schnell adaptierbaren Arbeitsplätzen. Mit Blick auf die Mietverträge wird sich der bereits zu beobachtende Trend hin zu kurzfristigen Verträgen nochmals intensivieren. Zudem wird der Mietvertrag in einigen Segmenten von einer Mitgliedschaft bei Co-Working-Anbietern wie WeWork und Rent24 abgelöst, die verstärkt auf den Markt drängen.

 

Der Wegweiser für Investoren zeigt also deutlich in urbane Regionen und dort insbesondere in (ehemals) industriell genutzte Immobilien, wie unter anderem eine Untersuchung von CBRE belegt. Sie bieten neben der zentralen Lage die nötige Flexibilität, um dem disruptiven Zeitgeist zu entsprechen. Doch das allein genügt nicht. Auch das Asset Management der Immobilien muss sich den neuen Anforderungen stellen. Digitalisierung ist unverzichtbar – nicht nur, um den Wunsch der Nutzer nach digitalen Mietverträgen und reibungsloser Kommunikation zu erfüllen, sondern auch, um Dokumente, Daten und Prozesse zu beschleunigen und relevante Daten aus allen vorhandenen Systemen, etwa von Property und Facility Managern, Gutachtern, Bauunternehmern und langfristig auch Mietern und Investoren, intelligent miteinander zu verknüpfen. Auf diese Weise wird das Asset Management besser und schneller. Und die Immobilie wird mobiler.

 

Mit freundlicher Empfehlung

Dr. Stephan Bone-Winkel

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