Unternehmensimmobilien gemeinsam anpacken
Von Hendrik Staiger, Vorstand Beos AG, Head Real Estate Asset Management
Germany von Swiss Life Asset Managers Deutschland
Die erste Hürde besteht natürlich darin, überhaupt an den Verhandlungstisch zu gelangen. Wer ausreichend mit den entsprechenden Unternehmen vernetzt ist, bereits erfolgreich realisierte Projekte in seinem Track Record vorweisen kann und über ein auf Corporates spezialisiertes Team verfügt, darf sich berechtigte Chancen dafür ausrechnen. Ähnlich entscheidend für die Frage, wie offen sich das Unternehmen gegenüber einem Verkauf zeigt, ist allerdings auch die Struktur der Transaktion: Neben klassischen Sale-and-rent-back-Modellen ist es ebenso denkbar, dass sich der Entwickler im Rahmen eines Teilverkaufs mit dem betreffenden Unternehmen zu einem Joint Venture zusammenschließt. Der Verkäufer hält weiterhin Anteile an dem Areal, auf dem er seinen Standort hat. Der Projektentwickler hingegen modernisiert beziehungsweise entwickelt die ungenutzten Flächen und siedelt weitere
Unternehmen an. Die dadurch entstehenden Wert- und Mietsteigerungen werden zwischen den Joint Venture-Partnern aufgeteilt.
Die Zusammenarbeit steht im Fokus der Verhandlungen
Bei den laufenden Verhandlungen zeigt sich häufig, dass eine solche Joint-Venture-Struktur eine gute Grundlage für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit darstellen kann. Im Mittelpunkt der Gespräche steht der gemeinsame Plan, wie die Immobilie vor dem Hintergrund der aktuellen Marktlage weiterentwickelt werden soll. Gerade für inhabergeführte Unternehmen, bei denen eine emotionale Verbindung zur eigenen Immobilie besteht, stellt dies oftmals ein wichtiges Kriterium dar: Der Verkäufer gibt nach Abschluss der Transaktion die Entscheidungskompetenz nicht vollständig ab und profitiert von einer positiven Wertentwicklung der Immobilie. Der Entwickler wiederum kann in Form eines Joint Ventures Zugang zu vielversprechenden Immobilien erhalten, die ansonsten fest in der Hand des Unternehmens geblieben wären.
Einem Unternehmen, das nicht auf das Management derartiger Immobilien spezialisiert ist, dürfte es schwerfallen, solche Vorhaben selbst zu realisieren, sowohl im Hinblick auf die baulichen und technischen Maßnahmen als auch auf das Vermietungsmanagement. Wenn ein Entwickler im Rahmen eines Joint Ventures jedoch entsprechende Maßnahmen umsetzt und bei Bedarf weitere Kooperationspartner hinzuzieht, erhöht sich die Attraktivität des Areals, was mit einer Steigerung des Mietzinses und der Drittverwendungsfähigkeit einhergeht. Und da das Unternehmen nach dem Teilverkauf weiterhin auf dem Areal ansässig ist, kann es die Angebote bei Bedarf selbst in Anspruch nehmen.
Zehntausende Quadratmeter zusätzlich schaffen
Innerstädtische Gewerbeflächen – vom Büro bis zur Halleneinheit – innerhalb der BaIIungszentren sind ein äußerst knappes Gut. Der Neubau solcher Flächen auf der grünen Wiese ist meist nur in der Peripherie möglich. Historische Industrieareale haben vor diesem Hintergrund gleich zwei zentrale Vorteile: Zum einen ist das städtische Umfeld organisch um sie herum gewachsen, weshalb sie deutlich zentraler liegen als die meisten Neubauprojekte. Zum anderen sind die Architekten und Bauherren der vergangenen Jahrzehnte oft nicht so effizient mit Bauland umgegangen wie heutzutage, weshalb die Areale häufig mit Nachverdichtungspotenzialen aufwarten.
Bei vielen dieser Immobilien kann der Entwickler Tausende, wenn nicht Zehntausende Quadratmeter an zusätzlicher Nutzfläche generieren und so den Lagevorteil einer Bestandsimmobilie mit der Qualität eines Neubaus verbinden. Diese Nachverdichtungsmaßnahmen können für den jeweiligen Partner des Joint Ventures entwickelt werden, falls sich dieser auf dem Areal erweitern oder neue Prozesse integrieren will und hierfür einen bestimmten Flächentyp benötigt. In dieser Flexibilität liegt ein großer Vorteil, da der zunehmende Veränderungsdruck den Flächenbedarf für die Unternehmen immer schwerer planbar macht.
Werden die neuen Gebäude als Mietflächen für Dritte entwickelt, ergibt sich die Möglichkeit zusätzlicher Einnahmen. Je nach Lage und Objekt kann der Verkäufer mittelfristig einen positiven Cash flow auf dem Areal erzielen: Die Einkünfte aus den Flächenvermietungen übersteigen die Mietausgaben, die für die selbst genutzten Flächen an den Entwickler anfallen. Das Unternehmen wäre in diesem Fall also kostenneutral in der Liegenschaft aktiv , völlig unabhängig vom Verkaufspreis, den es zu Beginn des Zusammenschlusses vom Entwickler erhalten hat. Hier besteht auch die Chance, Flächen für Kooperationspartner, Zulieferer und weitere relevante Akteure zu schaff en. Dadurch kann beispielsweise ermöglicht werden, im Sinne eines Campus gemeinsam auf dem Areal zu forschen und zu entwickeln.
Mergers and Acquisitions beschleunigen den Markt
Um in Zeiten eines rasanten technologischen Fortschritts und kürzer werdender Innovationszyklen wettbewerbsfähig zu bleiben, werden sich in den kommenden Jahren branchenübergreifend zahlreiche weitere deutsche Unternehmen umstrukturieren oder zusammenschließen. Dabei wird nicht selten auch ein Teil der Bestandsimmobilien verkauft. Zusätzlich zur fachlichen Kompetenz und zur eigenen Marktvernetzung müssen Immobilienentwickler jedoch auch eine hohe Dynamik an den Tag legen, um das Tempo eines Verkaufsprozesses mitzugehen, der im Rahmen einer M&A-Maßnahme angestoßen wird. Das alles kann nur dann gelingen, wenn das zuständige Projektteam die Bedürfnisse der Corporates und die Herausforderungen und Zukunftstrends der
jeweiligen Branche wirklich gut kennt und selbst unternehmerisch denkt. In diesem Fall kann ein echter Mehrwert durch solch ein Joint Venture entstehen.
Dieser Artikel erschien in immobilienmanager Ausgabe 67/2019.
POTENZIALE NUTZEN – DER AIR TECH CAMPUS OBERPFAFFENHOFEN
Ein gutes Beispiel dafür, dass sich erfahrene Projektentwickler am besten darauf verstehen, Potenziale von ehemals eigengenutzten Unternehmensimmobilien zu heben, stellt der Air Tech Campus in Oberpfaffenhofen, westlich von München, dar. Dieser befindet sich auf den Flächen der 1936 gegründeten Dornier-Werke, die im Zuge verschiedener Veräußerungen und Umstrukturierungen letztendlich im Eigentum der Airbus Group aufgingen.
Die nicht betriebsnotwendige Liegenschaft und deren Immobilienentwicklung stellte für Airbus keine Kerngeschäftstätigkeit dar und mündete entsprechend Ende 2016 in der Vermarktung. Käufer war ein Joint Venture, bestehend aus von der BEOS AG vertretenen Investoren und der TRIWO AG, die das Areal samt dem dort ansässigen Sonderflughafen Oberpfaffenhofen und den umliegenden Gewerbeflächen erwarben und nunmehr aktiv managen.
Seit dem Erwerb wird das Gelände nach und nach weiterentwickelt, Leerstand in den Bestandsflächen abgebaut und sukzessive um hochmoderne Mietflächen für Forschung, Produktion, Lager/Service und Büronutzung erweitert. Die angesprochenen Unternehmen stammen vornehmlich aus dem Luft- und Raumfahrtsektor und der Hochtechnologie.
Allein in den drei Jahren seit Ankauf wurden knapp 100.000 m² Bestandsflächen neuvermietet bzw. verlängert und knapp 30.000 m² Neubauflächen entwickelt. Aktuell beherbergt das Areal über zehn Unternehmen aus Luft- und Raumfahrt sowie Forschung und Entwicklung. Dazu gehören unter anderem die Lilium GmbH, die am Air Tech Campus Oberpfaffenhofen autonome und vollelektrische Lufttaxis testet, sowie der Weltmarktführer für Crashtestanlagen, MESSRING GmbH, die hier im Herbst 2020 seinen neuen Hauptsitz beziehen wird.