18. September 2012

Welche Fehleinschätzungen führen zu Fehlinvestments?

18. September 2012

Die vielbeschworene Core-Immobilie ist nach wie vor Immobilieninvestors Liebling. Daran ändern anscheinend auch konjunkturelle Schwankungen und Veränderungen im Immobilienmarkt nur bedingt etwas. Fragt man in den zahlreichen Runden mit Branchenvertretern aller Seiten nach dem Typus dieser Immobilie, sind es in aller Regel die innerstädtischen Büro- und Einzelhandelssegmente, die hier der Gattung ‚Core‘ zugeordnet werden. Dabei ist ‚Core‘ in der Regel geprägt durch einen niedrigen Leerstand bei Ankauf, eine zentrale und hochwertige Lage sowie eine sehr hohe Bauqualität unter Berücksichtigung der neuesten technischen und ökologischen Standards. Das Ganze hat dann erfahrungsgemäß seinen Preis – bei diesen Spitzenprodukten meist einen hohen. Soweit so gut.

 

Gehen wir dieser marktüblichen Regel einmal nach. Der Preis einer Core-Immobilie bemisst sich bekanntermaßen über die Nettoanfangsrendite der Investition, also die Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Folgt man den Regeln der einschlägigen Kapitalmarkttheorien, so gilt in transparenten Märkten, dass sich Rendite und Risiko proportional verhalten. Damit lautet die Schlussfolgerung, dass eine Core-Immobilie, mit einer Nettoanfangsrendite von bspw. 5% ein geringeres Risiko aufweist als eine Immobilie mit einer Nettoanfangsrendite von bspw. 8%. Doch das ist ein Trugschluss. Und ein Blick auf die tägliche Praxis der Investoren offenbart weitere.

 

So lassen viele Investoren außer Acht, dass sie bei Immobilien eben nicht in Aktien investieren, also in jene homogenen und ubiquitären Investments, die tagtäglich in großen Volumina gehandelt werden und deren Risikograd zu einem großen Teil von ihrer Volatilität bestimmt wird. Die hier geltende Maßgabe, dass eine geringere Volatilität ein niedrigeres Risiko impliziert, ist bei physischen Assets jedoch nicht zutreffend. Denn letztere existieren im Zusammenhang mit ihrer Umwelt und verändern sich täglich aufgrund äußerer Umstände. Mit anderen Worten: Immobilien sind nicht homogen und können sich nicht (wie Aktien) „marktgerecht“ verhalten. Jedes Gebäude stellt einen eigenen kleinen Markt dar – insbesondere mit zunehmendem Alter des jeweiligen Objekts. Viele Investoren berücksichtigen das bei ihrer Anlageentscheidung nicht.

 

Ein weiteres Defizit: Die Immobilienbranche insgesamt setzt die Komplexität eines Investmentgegenstands mit dessen Risiko gleich. Investoren wählen daher bevorzugt Core-Immobilien, da diese vor allem eins sind: wenig komplex. Oftmals handelt es sich um mehrgeschossige, standardisierte Flächenlayouts mit einer entsprechend dokumentierten Gebäudetechnik, einer einfach verständlichen Nutzung in transparent aufgearbeiteten Märkten. Das ist einfach, das ist einleuchtend, kurzum: wenig komplex. Doch fest steht: Mit einem risikoarmen Anlageprofil hat das nichts zu tun. Denn kauft man eine Core-Immobilie bspw. zum 20-fachen der Jahresmiete, unterstellt man einen über 20 Jahre gleichbleibenden, sicheren und nachinvestitionsfreien Netto-Cashflow auf das anfängliche Investment – ohne Wertveränderung versteht sich. Die Wahrheit ist – dokumentiert in den jüngst veröffentlichten Effektivrenditen offener Immobilienfonds – dass sich diese im Langzeitvergleich mit knapp über 2% p.a. rentieren; nach obiger Logik also einer Rückzahlungsperiode von knapp 50 Jahren? Und dabei ist die Inflation in dieser Beobachtungsperiode noch nicht berücksichtigt!

 

Die Konsequenzen dieser Erkenntnis sollten derer zahlreich sein, obliegen aber selbstverständlich der Bewertung des Lesers. Drei Dinge werden jedoch deutlich:

  1. Die scheinbare Sicherheit einer Immobilieninvestition im beschriebenen Core-Segment ist pure Augenwischerei. Zwar ermöglicht dies, das Investment in wenigen Worten zu umreißen und schenkt darüber hinaus dem Investor möglicherweise (anfangs) ruhige Nächte. Kapitalsicherheit (Risiko und Rendite) impliziert dies aber in keiner Weise. Heißt in wenigen Worten: Einfach ist nicht sicher!
  2. Ein scheinbar geringes Risiko impliziert höhere Einstandsfaktoren und damit lange Rückzahlungshorizonte. Doch steigern vor allem bei der Immobilie aufgrund ihrer physischen Beschaffenheit und ihrer Marktsituation längere Horizonte das Risiko überproportional. Bei Horizonten über 15 Jahren ist schlichtweg nicht mehr von gleichbleibenden Cashflows auszugehen, da aufgrund von technischen Weiterentwicklungen bzw. technischen Mängeln Nachinvestitionen unumgänglich werden. Heißt in wenigen Worten: Teuer ist nicht sicher!
  3. Immobilien machen Arbeit, was sich weder durch hohe Preise noch durch mehrstufige Hierarchien von Fonds-, Asset- und Property Managern – intern vergeben oder extern beauftragt – wegdelegieren lässt. Nur ein leistungsorientiertes, professionelles und kundenorientiertes Asset Management ist in der Lage, den Wert einer Immobilienanlage einzuschätzen und langfristig zu erhalten – und das gilt ganz unabhängig davon, ob die Immobilie in ihren Managementanforderungen mehr oder weniger komplex ist. Es resultiert vielmehr aus dem Know-how des Asset Managers. Heißt in wenigen Worten: Nur weil etwas komplex ist, hat es noch lange kein hohes Risiko – und vice versa.

 

Mit freundlicher Empfehlung
Dr. Ingo-Hans Holz und Dr. Philipp Feldmann

 

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